Früh erhebt sich der erste Sonnenstrahl blutrot über die Ebene des Ostens. Der beginnende Morgen gab bereits das Versprechen zu einem folgenden eisig kalten Tag ab. Die Bäume entlang des Wege sind trotz der fortschreitenden Stunden noch immer tiefgefroren, die Auen entlang der Donau wirken wie ein Wunderland aus Frost und Schnee. Wir – Cosma, die Gründerin des Grünen Tierschutzformus (www.tierschutzforum.at) begleitet den respekTIERE IN NOT-Hilfstransport – haben den Van, der sich trotz des klirrenden Frostes mit scheinbarer Leichtigkeit mutig voranbahnt, mit einer unfassbar großen Menge an Gütern fast bis zum Dach hinauf vollbeladen; da gibt es Katzenfutter in jeder Menge, welches ‚unsere‘ kleine Herberge der Frau Havraonvra gut über den nun wahrscheinlich doch bald einsetzenden Winter bringen wird, sowie Kleidung und Güter des täglichen Bedarfs, säcke- bzw. kistenweise, gedacht für die so einmalige Obdachlosenherberge Vincent De Paul im Herzen der slowakischen Metropole. |
Vorbei geht es an Wiens langsam eindrucksvoller Skyline, immer in Richtung der aufgehenden Sonne. Der Verkehr hält sich in Grenzen und so haben wir Niederösterreich und das nördliche Burgenland schnell durchquert, bevor wir nun auch schon die Grenze zu unserem Nachbarland passieren. Das Navi, eine zumindest für mich unvergleichliche Errungenschaft, führt uns zielgenau zu den besagten Ertappen, und so taucht bald die Silhouette der Obdachlosenherberge vor uns auf. Rund 200 Menschen finden hier, an einem Ort, dem die Zeichen der Zeit auch schon sehr zugesetzt haben, Mahlzeit und einen Platz zum übernachten. Selbst im Sommer werden es um die 150 sein, an Tagen mit hoher Frequenz sogar bis zu 240! Jeden Tag auf ein Neues suchen derart viele Bedürftige Schutz und Verpflegung – und dies ist wenig verwunderlich, beläuft sich die Zahl obdachloser Menschen in der nur knapp über 424 000 EinwohnerInnen zählenden Stadt doch auf geschätzt unfassbare mehr als 6 000. Sie erhalten neben den elementaren Dingen zudem bei Bedarf ärztliche Betreuung, frische Kleidung sowieso, und die Bedürftigen werden – anders als an vergleichbaren Orten – selbst angetrunken oder unter Drogeneinfluss aufgenommen; vorausgesetzt, man verhält sich danach angemessen, startet keine Streitereien und kehrt eventuell angestaute Aggressionen nicht nach außen. |
Im Moment allerdings erregt erst einmal das Nachbargrundstück unsere Aufmerksamkeit; von dort her, einem weitläufigen und halb verfallenen Fabriksgelände, werden wir nämlich mit Geknurre aus tiefster Kehle begrüßt. Einige riesige Herdenschutzhunde leben in ihrer Misere, teils in winzigen Zwingern, andere zumindest in einem etwas größeren Gefängnis, aber eingesperrt auf engem Raum sind sie alle. Der Unterschied besteht nur zwischen ‚furchtbar‘ und ‚entsetzlich‘… Warum die Hunde ihr Leben unter diesen Umständen verbringen, bleibt uns ein kleines Rätsel – denn was gibt es zu bewachen? Den Verfall? Verrostete Maschinen, einstürzende Gebäude? Wir wissen es nicht; am plausibelsten erscheint uns die Antwort, die wehrhaften Geschöpfe werden hier einfach gezüchtet, um später aus ihrem Weiterverkauf Profit zu schlagen… Kaum wagen wir es uns den Natodraht-bewehrten Zäunen zu nähern, empfängt uns gar furchterregendes Gebelle; so mächtig erscheinen die vierbeinigen Riesen, so drohend ist ihr Gehabe; aber schnell wird klar, das Verhalten ist vielmehr Show, denn in Wahrheit sehnen sich die Armen nach Berührung, nach netten Worten! Tatsächlich, schon im nächsten Augenblick streicheln wir sie auch schon vorsichtig durch die Absperrung, und die nun sanften Giganten genießen jede Berührung! |
Ok, jetzt gilt es aber erst einmal den Van zu entleeren; eine herzliche Betreuerin erscheint, sie spricht gut englisch, und zusammen tragen wir die mitgebrachten Güter in eine Versorgungs- bzw. Ausgabekammer. Ja, es gäbe kaum einen Ort, wo die vielen Sachen wohl besser gebraucht werden könnten als hier! Und ja, es ist ein schönes Gefühl zu wissen, all die von Ihnen gespendeten Kleidungsstücke, hier finden sie ihre Erfüllung; riesige Freude werden zudem die fertigen Päckchen bereiten, in liebevoller Kleinarbeit von Michaela aus München, Moni aus Wien, Andrea aus Deutschland, sowie Moni aus Salzburg und Jasmin aus Oberndorf zusammengestellt! Einfach nur schön, und einfach nur ‚Danke‘ Ihnen allen für die andauernden Sachspenden! Später erfahren wir auch, die Betreuerin füttert die zahlreichen Streunerkatzen der Umgebung; denn davon gibt es offensichtlich viele! So hinterlassen wir auch noch eine Menge an Katzenfutter, werden später über ein vielleicht mögliches diesbezügliches Projekt nachdenken! Dann gilt es sich schon zu verabschieden, aber bevor uns die Straße endgültig wieder hat, wollen wir nochmals nach den Hütehunden sehen. Selbstverständlich haben wir nämlich auch für die Hunde Leckereinen im Auto, und sie freuen sich riesig über die mitgebrachte Aufmerksamkeit! |
Foto unten: ein großer Dank geht an dieser Stelle auch an Frau Hilde Specht, welche so viele bedürftige Menschen im In- und Ausland mit selbstgestrickten Socken und Mützen durch uns versorgt! |
Gegen zwei Uhr nachmittags erreichen wir das eigentliche Ziel, die seit Jahren so umkämpfte Katzenherberge. Frau Havranovra erwartet uns bereits sehnsüchtig, Karlos ebenfalls, ihr Helfer, der inzwischen zum festen Bestandteil des kleinen Asyls geworden ist. Weil Frau Havranovra aufgrund ihres so angeschlagenen Gesundheitszustandes inzwischen bei der Mutter im winzigen Appartement schläft, ist der ehemalige Obdachlose nun 24 Stunden am Tag vor Ort. Und das ist gut so – doch dazu später! Frau Havranovras größtes Problem stellt zur Zeit ihre verletzte Hand dar, Sie erinnern sich, sie war vor zwei Jahren im Heim überfallen und schwer verletzt worden; der Unterarm ist inzwischen fast völlig erschlafft, für die Arbeit unbrauchbar geworden. Sämtliche Physiotherapien haben zu keinem Erfolg geführt, und viel zu schnell lassen die slowakischen Krankenkassen ihre PatientInnen fallen – so gibt es nun keine Hilfe mehr, und Frau Havranovra ist zum großen Teil als Invalidin zurückgeblieben. Karlos kümmert sich nun am alles, und seit er hier ist, ist nicht nur der Garten, sondern auch das Haus selbst immer perfekt sauber, die Sträucher sind gestutzt, die Katzengehege gepflegt, die Wege frei, die Räume im eigentlichen Abrisshaus zumindest bewohnbar. Mit einfachsten Mitteln stemmt er sich gegen jegliches soziale Abseits. |
Freilich, gegen die wuchernden Preise für Strom und Heizen ist auch er machtlos; so ist das Haus seit langem ohne jede Elektrizität, bereits jetzt, gegen 15.30 Uhr ist es im Inneren derart finster, sodass wir uns direkt ans Fenster stellen müssen, um die von Frau Havranovra gezeigte Gerichtsakten lesen zu können (wir hatten den Strom über Jahre hinweg bezahlt, würden es selbstredend auch weiter tun, inzwischen jedoch sind die Leitungen allesamt tot); aber das weitaus größere Problem ist wohl die langsam beißende Kälte, welche täglich mehr Besitz vom Inneren ergreift. Ja, auch darum war der Einsatz so dringend, denn Karlos schaffte es bisher zwar immer wieder etwas Holz und Kartons aus den umliegenden Fabriken aufzutreiben, aber für eine dauerhafte Beheizung reicht das nicht aus; so blieb jetzt nur mehr ein Rest, für die nächsten zwei, drei Tage, dann wäre es endgültig kalt im Haus gewordenden… Den Katzen, es sind im Moment so ca. 20 im Haus, scheint dies alles recht wenig auszumachen, allesamt präsentieren sich die Stubentiger wohlgenährt und in wahrlich gutem Zustand, aber für ‚Mensch‘ ist eine solche Situation selbstredend schon eine enorme psychische Belastung. So setzen wir uns kurzerhand ins Auto und brausen Richtung Baumarkt. Eine halbe Stunde später tragen wir auch schon mehr als 200 kg an Kohlebriketts aus dem nahen Hornbach-Markt zum RespekTiere-Bus und freuen uns wenig später an den begeisterten Gesichtern von Karlos und Frau Havranovra, als wir die ‚Beute‘ danach in die Herberge verfrachten! |
Jetzt ist es aber richtig spät geworden, und so fallen wir uns ein letztes Mal für den Tag in die Arme; Frau Havranovra wischt etwas verschämt eine Träne aus dem Augenwinkel. Möge es ein gutes neues Jahr werden, für diesen Ort, der bereits so viele Prüfungen auferlegt bekommen und sie alle bisher – zu unserem Stolz auch durch die unentbehrliche RespekTiere-Hilfe über eineinhalb Dekaden hinweg – bestanden hat! Am 2. April ist erneut Schicksalstag, der Prozess gegen die Stadt, gegen die Schließung und den Abriss der Herberge, geht in die nächste, dieses Mal vielleicht alles entscheidende Runde – wir werden natürlich an vorderster Front mit dabei sei! Etwas stiller lenken wir den Sprinter nun in Richtung Autobahn. Es ist schon sehr bedrückend zu wissen, wie viele Menschen und Tiere unter wirklich kaum aushaltbaren Umständen leben müssen; aber es hilft alles nichts, das Leben geht weiter, und wir alle sind angehalten das Beste aus den jeweiligen Situationen zu machen… |
Müde sind wir bereits, aber uns erwartet noch eine weitere Aufgabe für den Tag – der unvermeidbare Protest gegen die Behandlung von Straßentiere in so vielen Teilen Europas! Und so sehen erstaunte PassantInnen alsbald Gevatter Tod und einen Aktivisten im blutigen Overall mit Hundemaske entlang der stark befahrenen Stadtautobahn stehen, ein Transparent spannend, welches verrät: ‚Stop Killing Stray Dogs – NOW!!!‘ Erst gegen späten Abend rück-überqueren wir die Donau; froh, wieder im ‚gelobten Land‘ zu sein, welches zwar ebenfalls schwer gezeichnet von Jahren der psychischen und physischen Belastung etwas in den Seilen hängt, aber angesichts der Situation für Mensch und Tier in so vielen unserer Nachbarstaaten immer noch den sprichwörtlichen ‚goldenen Westen‘ darstellt. Ein Versprechen hämmert bis in den hintersten Winkeln des Gehirns – wir werden nicht aufhören zu kämpfen für diesen wunderbaren Ort, seines Zeichens die allerersten Katzenherberge der Slowakei. So weit sind wir gegangen, inklusive des Auftretens im Stadtparlament und in diversen Zeitungs- bzw. Fernsehmedien, und nun gilt es den letzten Schritt zu tun; es geht um nicht mehr oder weniger als um die Sicherstellung eines unersetzbaren Tierasyls, welches in der puren Existenz für alle Städte der Welt eigentlich völlig selbstverständlich sein sollte; nein, sein MÜSSTE… |
Achtung, Achtung! Am Montag, 6. Dezember, pünktlich um 18 Uhr, geht das RespekTiere-Radio wieder on-air! Thema der Sendung wird unsere Weihnachtsbotschaft sein, zu Empfangen über die Welle der Radio-Fabrik 97,3 und 107,5; über Cablelink 98,3 oder über den Livestream der Radiofabrik (www.radiofabrik.at)! Wenn Du den Termin verpasst, keine Sorge! Wiederholungen werden am Dienstag, 7. Jänner, um 7.30 Uhr, und am Samstag, 11. Jänner um 9 Uhr auf selbiger Welle ausgestrahlt!!! |